Hochsensibilität

Sensible Menschen haben es schwerer:
was anderen leid tut, tut ihnen bereits weh

Ernst Ferstl

Hochsensibilität – War die Prinzessin auf der Erbse hochsensibel?

Einst suchte ein Prinz eine echte Prinzessin, um sich zu vermählen. Es gab viele Prinzessinnen, aber wirklich echt waren die wenigsten. Also wurde eine Prinzessin, die eines Abends regennass vorm Tore stand, geprüft. Sie sollte auf einer Erbse schlafen, auf der ein Turm von Matratzen und Decken lag. Spürte sie die Erbse, so war dies der Hinweis auf eine echte Prinzessin. Jene tropfnasse Prinzessin schlief tatsächlich ausgesprochen schlecht, weil sie durch die Erbse sich nicht entspannen konnte. 

Die hohe Feinfühligkeit symbolisiert in diesem Märchen die Echtheit des besonderen Standes. So ist die nächtliche Empfindsamkeit ein Hinweis auf ein besonderes Wesen, welches sich nur im richtigen Kontext – einer adeligen Familie – wirklich Zuhause fühlen wird. 

Inzwischen erfreut sich Hochsensibilität auch in den Reihen nicht-adeliger Menschen einer wachsenden Beachtung. Das ist wunderbar, ist die Zeit doch mehr als reif, den wunderbaren Potenzialen dieser Veranlagung den ihnen gebührenden Platz in unserer aller Leben zu geben.

Gleichzeitig birgt diese intensive Präsentation dieses Themas in der Öffentlichkeit die Herausforderung, Hochsensibilität mit traumatischen Folgeerscheinungen zu verwechseln. Was hilft an dieser Stelle? Eine fundierte und umfassende Aufklärung, wie auch eine ehrliche und kritische Reflexion mit sich selbst. Was also ist Hochsensibilität?

Hochsensibilität scheint ein Phänomen der Neuzeit zu sein, welches seinen Namen Anfang der 1990er Jahre von der amerikanischen Psychologin und Psychotherapeutin Elaine N. Aron erhalten hat. Wenn wir allerdings tiefer bzw. früher schauen, werden wir bereits Anfang des letzten Jahrhunderts bei den beiden Schweizer Psychologen C.G. Jung (Introversion) und Eduard Schweingruber (Der sensible Mensch) fündig. Es ist jedoch zu vermuten, dass dieses Phänomen schon sehr viel älter als die Werke der beiden Herren ist, denn es handelt sich um eine sehr basale, dem menschlichen Wesen zugrundeliegende Disposition. Wer sich mit den Merkmalen vertraut macht und anschließend in Biografien bekannter Menschen unserer Vergangenheit stöbert, wird zuweilen auf erstaunliche Parallelen stoßen. 

Hochsensibilität zeichnet sich in erster Linie durch eine erhöhte sensorische Wahrnehmungsbereitschaft und -fähigkeit, sowie einer tiefgreifenden und komplexen Verarbeitung der aufgenommenen Informationen aus. Bislang geht die Wissenschaft von einer vererbbaren Veranlagung aus, die bei Frauen wie Männern gleichermaßen und vom ersten bis zum letzten Tage des Lebens eines Menschen auftritt.

Sensorische Wahrnehmung bedeutet, die Wahrnehmungskanäle wie Sehen, Riechen, Tasten etc. sind per se aufnahmebereiter. Hinzu kommen noch alle jene Wahrnehmungskanäle, über die wir in unserer medizinischen Kultur wenig erfahren haben, als da wären: Intuition, 3. Auge oder Aura. Auch hierüber nehmen wir wahr, können die Informationen jedoch oftmals nicht adäquat nutzen, weil uns deren Herkunft und Aussage nicht genügend zugänglich sind. Dies ändert sich zur Zeit radikal, aber dazu mehr auf der Seite „Hochfrequente Menschen“.

Anzeichen, dass eine Hochsensibilität vorliegt, können sein:

• komplexes Denken und Handeln
• große Detail-Wahrnehmung
• ausgeprägte Kreativität
• starkes ästhetisches Empfinden
• erhöhte Intelligenz
• hohe Empathie
• schnell erregbares sensorisches Empfinden (Licht, Lärm, Gerüche, Berührungen, Schwingungen etc.)

Nicht alle Stärken hochsensibler Menschen äußern sich in ungewöhnlichen, sichtbaren oder messbaren Fähigkeiten, Gerade bei Hochsensiblen finden wir oftmals besondere Gaben in:

• den zwischenmenschlichen Bereichen, 
• der Kunst, Harmonie und Perfektion zu verbinden
• kreativen Prozessen, und sei es das Häkeln eines Topflappens
• einer ausgeprägten Medialität oder
• dem hohen inneren Wertesystem, das allem Handeln
zugrunde liegt.

Anders als die Hochbegabung zeigt sich eine Hochsensibilität daher eher in den „weichen Fakten“, wo sie jedoch (noch) häufig als solche unerkannt bleibt.

Hochsensibilität – Die Potentiale

Nicht alle Stärken hochsensibler Menschen äußern sich in ungewöhnlichen, sichtbaren oder messbaren Fähigkeiten, Gerade bei Hochsensiblen finden wir oftmals besondere Gaben in:

  • den zwischenmenschlichen Bereichen, 
  • der Kunst, Harmonie und Perfektion zu verbinden
  • kreativen Prozessen, und sei es das Häkeln eines Topflappens
  • einer ausgeprägten Medialität oder
  • dem hohen inneren Wertesystem, das allem Handeln zugrunde liegt.

Anders als die Hochbegabung zeigt sich eine Hochsensibilität daher eher in den „weichen Fakten“, wo sie jedoch (noch) häufig als solche unerkannt bleibt.

Potentiale

Die Herausforderungen

Bereits Anfang der 1970er Jahre prangerte der schwule Filmregisseur Rosa von Praunheim die damaligen Lebensumstände als Ursache der Schwierigkeiten im Leben vieler homosexueller Menschen an. Diese Dynamik lässt sich in gleicher Weise auf das Thema der Hochsensibilität übertragen. Die Veranlagung selbst ist nicht das Problem! Die Rahmen- und Lebensbedingungen führen in der Regel zu den typischen Belastungen, die hochsensible Menschen erleben. Der Unterschied zu jenen Feinfühligen, die das Glück hatten, in einem förderlichen Umfeld aufzuwachsen, macht die spezifischen Belastungen, der unerkannte Hochsensible unterliegen deutlich. Typische Lebensschwierigkeiten können sein:

• Unsicherheit durch mangelnde mediale Rückmeldung im Familien- und Lebensumfeld
• Geringer Selbstwert
• Desorientierung im Leben
• Unsicherheit in Bezug auf eigene Fähigkeiten
• Zweifel an der eigenen Wahrnehmung
• Probleme mit einem sensorisch rauen Umfeld (zu laut, zu grell, zu voll)
• Schwierigkeiten mit der Unsensibilität anderer Menschen

Sensibles Wachstum

Allmählich ändert sich das Verständnis um die Veranlagung und damit auch die individuellen Lebensbedingungen. Vor allem kundige Eltern, Pädagogen, Psychologen und Ärzte schaffen durch ihr Wissen um die Existenz der Veranlagung immer mehr Menschen einen hochsensiblen Lebensraum.

Erwachsene Hochsensible sind eingeladen, sich aktiv und selbstverantwortlich auf ihre innere Entfaltungseise zu begeben. Dies ist aus meiner Sicht derzeit so wichtig, weil wir Hochsensiblen jene Werte, jene Empfindungen und jene Frequenzen in uns tragen, die wir als Menschheit in der Zukunft dringend benötigen. Hochsensible sind daher nicht nur die Seismographen der Menschheit, sondern auch die Vorreiter für ein empathisches, achtsames und sensibles Miteinander.